Vom Einspeisen zur systemischen Netzbetrachtung: Herausforderungen der Energiewende
Aus Sicht der Bundesregierung soll gemäß dem Energiekonzept 2020 über 35% der Stromerzeugung aus Sonne, Wind und Biomasse gewonnen werden. Bis 2050 sollen 80% der elektrischen Energie aus Erneuerbaren Energien bereit gestellt werden. Der Großteil wird hierbei durch die Sonnenenergie gewonnen, die durch Photovoltaik-Anlagen in das Stromnetz eingespeist wird. Dahingehend stellen wir uns den Herausforderungen, die die Einspeisung von Photovoltaik in unsere Verteilnetze bringen.
Unser 5-Punkte-Programm für sichere Netze
Traditionell sind die Energieversorgungsnetze für einen Lastfluss von den großen Kraftwerken der Stromversorger durch die Übertragungs- in die Verteil- und Ortsnetze ausgelegt. Bei einer sehr großen Anzahl und Leistung von PV-Anlagen in Niederspannungsnetzen können Spannungserhöhungen durch einen Leistungsfluss in Richtung der überlagerten Netze entstehen. Dadurch kann die Spannung in Verteilnetzen durch dezentrale Erzeuger wie z. B. Photovoltaik über die derzeit zulässigen 3% der Nennspannung* steigen, wodurch die Aufnahmekapazität der Netze für weitere dezentrale Erzeugung erreicht sein kann. Klassische und derzeit in der Praxis umgesetzte Maßnahmen zur Erhöhung der Aufnahmekapazität umfassen z. B. den aufwändigen und teuren Ausbau der Netze durch weitere oder neue Kabel.
1. Die Netze im Blick
Um dieses zu verhindern, werden die Netze von SMA genau analysiert und der Einfluss verschiedener Maßnahmen durch die Wechselrichter der Photovoltaik-Anlagen untersucht. Dies geschieht mit der so genannten Netzaufnahmekapazitäts-Einfluss-Analyse. In dieser Analyse wird simuliert, welche Auswirkungen die Einspeisung von PV-Anlagen auf die Spannung und die Belastung von Komponenten (Kabel, Transformatoren etc.) in beliebigen Niederspannungsnetzen hat. Die Anzahl der simulierten PV-Anlagen im jeweiligen Netz (die sog. „Durchdringung“) wird dabei durch realitätsnahen zufälligen Zubau an den Netzanschlüssen gesteigert. Ausgewertet wird dann die statistische Verteilung der maximal installierbaren PV-Leistung, bevor eine unzulässige Belastung des Netzes auftritt.
2. Spannungshaltung mithilfe von PV-Wechselrichtern
Der Spannungsanhebung in Verteilnetzen kann durch von PV-Anlagen bereitgestellte Systemdienstleistungen gezielt entgegengewirkt werden. Blindleistungsfähige PV-Wechselrichter können die Spannungsänderung an den Trafo- und Leitungsinduktivitäten verringern und ermöglichen dadurch einen lokalen Eingriff direkt an der Quelle der Spannungsanhebung. Dabei senken die Wechselrichter die Spannung im gesamten Netzabschnitt. Die Vorteile liegen auf der Hand: ein regelbarer PV-Wechselrichter ist eine effektive Maßnahme, die automatisch bei steigender Anzahl installierter Anlagen greift.
Die Untersuchung der hier beschriebenen Maßnahmen sind ein Hauptbestandteil des durch das Bundesumweltministerium geförderte Verbund-Forschungsprojekts PV-Integrated, bei dem die Spannungshaltung und der Betrieb von Niederspannungsnetzen mit einer großen Anzahl von Photovoltaik-Anlagen im Fokus stehen und an dem SMA mit Projektpartnern aus der Forschung und Netzbetreibern wesentlich mitarbeitet.
3. Spannungshaltung mithilfe regelbarer Ortsnetztransformatoren
Regelbare Ortsnetztransformatoren erlauben es, die Spannung im Niederspannungsnetz unabhängig von der Spannung im Mittelspannungsnetz zu verändern und sind damit in der Lage, die Spannung für das gesamte Ortsnetz, unabhängig von seiner Topologie und der Einspeisung durch dezentrale Erzeuger zu regeln.
Neben ihrem robusten und wartungsfreien Aufbau sind regelbare Ortsnetztransformatoren eine sehr effektive Maßnahme, die gerade in Netzen mit sehr hohem Anteil von dezentralen Erzeugern effektiv eingesetzt werden kann. SMA koordiniert das ebenfalls vom Bundesumweltministerium geförderte Verbund-Forschungsprojekt Aktives, intelligentes Niederspannungsnetz, in dem ein regelbarer Ortsnetztransformator entwickelt und zu einer intelligenten Ortsnetzstation erweitert wurde, um den Betrieb des Niederspannungsnetzes in Verbindung mit intelligenten Wechselrichtern zu optimieren. Diese Maßnahmen sind ein Schritt zur Regelung der Spannung und Betriebsführung des Netzes.
4. Erzeugung und Verbrauch harmonisieren
Eine konsequente Weiterführung der Idee der dezentralen Energieversorgung ist es, Erzeugung und Verbrauch aufeinander abzustimmen.
Mit einem intelligenten Energiemanagement (Link zu der Kategorie Energiemanagement) ist es möglich, Stromerzeugung und -verbrauch optimal aufeinander abzustimmen. Durch gezielte Überwachung und Steuerung der Energieflüsse im vom Energiemanagement beeinflussbaren System (dies kann z. B. ein Haushalt, ein Industriebetrieb oder auch ein ganzes Ortsnetz sein), sowie der Einbeziehung von Wetterdaten, entsteht ein Gesamtsystem, das einerseits zur Reduktion des Bedarfs an Regelleistung beitragen und andererseits unabhängig agieren kann. Die Unabhängigkeit garantiert nicht nur einen Schutz gegen Preissprünge, sondern ist auch zukunftsweisend.
5. Intelligentes Zusammenspiel verschiedener Erneuerbarer Energien
Allein die Installation netzfreundlicher PVWechselrichter reicht nicht, um die Energiewende erfolgreich voranzutreiben. Mehr und mehr sind Konzepte gefragt, die eine systemische Betrachtung aller erneuerbaren dezentralen Erzeuger mit sich bringen und nicht nur die Erzeugung, sondern auch die Integration von Erneuerbaren Energien in das Gesamtsystem „Energieversorgungsnetz“ betrachten.
Hier arbeiten wir mit verschiedenen Partnern in diversen Projekten zusammen, z. B. in der Arbeitsgruppe Kombikraftwerk2.
Die Energiewende ist komplex. Doch mit vielfältigen Ansätzen und innovativen Ideen gelingt es, sie erfolgreich voranzutreiben.
* Vorgabe durch die sog. „Niederspannungsrichtlinie“ VDE-AR-N 4105
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