Sonnige Aussichten in der Alpenrepublik
Bis 2030 will Österreich zu 100 Prozent erneuerbar sein. Im Sommer 2021 hat das Parlament das Erneuerbare-Ausbau-Gesetz beschlossen. Für die Photovoltaik entstehen dadurch riesige Potenziale, denn jährlich müssen rein rechnerisch ein Gigawatt PV-Leistung installiert werden. Dächer allein reichen dafür längst nicht. Es entstehen viele spannende Projekte. Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaic Austria, zeigt die Chancen für den PV-Markt auf.
Konkret sieht das neue Erneuerbare-Ausbau-Gesetz (EAG) vor, dass der Stromverbrauch bilanziell und über das Jahr gerechnet zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen kommen soll. Die Zustimmung der EU-Kommission in Brüssel steht aktuell noch aus und einige Inhalte werden kontrovers diskutiert. Mit zehn Gesetzen und Gesetzesänderungen plant Österreich einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien.
Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung soll von 54 Terrawattstunden im Jahr 2020 auf 81 Terrawattstunden im Jahr 2030 steigen.
Der Anteil von Wasserkraft, Wind-, Solarenergie, Biomasse und Biogas an der Stromerzeugung beträgt heute schon rund 78 Prozent. Wasserkraft trägt topographisch bedingt den Großteil bei – weit über die Hälfte der Staatsfläche ist gebirgig.
Anteil der Photovoltaik verdreifachen
Insbesondere Wind- und Solarkraftwerke sollen massiv zugebaut werden. Der Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung soll von 6,3 TWh auf 16,3 TWh steigen, der Anteil der Photovoltaik von 2,0 TWh auf 13,4 TWh. Längst ist klar, dass dafür klassische Dachanlagen auf Ein- und Mehrfamilienhäusern allein nicht ausreichen werden.
Das EAG steckt hier einen ersten groben Rahmen zum Fördersystem der kommenden Jahre. Vera Immitzer, Geschäftsführerin Bundesverband Photovoltaic Austria, beschreibt das EAG als einen ersten wichtigen Schritt, dem nun noch viele folgen müssen: „Wichtige Details wie Förderzeitpunkte, Fördersätze und die genauen Einreichvorgaben über eine Verordnung müssen geregelt werden. Einstweilen ist nur der Teil der Investförderung in Kraft getreten und hierzu fehlt noch die Verordnung. Auch die Marktprämienförderung ist noch nicht in Kraft getreten. Bis hier die erste Förderrunde starten kann, liegt noch ein längerer Weg vor uns.“
Im Jahr 2021 wurden Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von bis zu 450 MW in Österreich installiert, 2022 liegt die Prognose bei 500 MW. Danach müsste jedes Jahr 1 GW PV-Leistung zugebaut werden, wenn das Ausbauziel erreicht werden soll.
PV-Anlagen auf den Dächern von Ein- und Mehrfamilienhäusern werden aktuell schon deutlich stärker nachgefragt. Diese Flächen werden aber bei weitem nicht ausreichen, weiß Diplom-Ingenieurin Immitzer: „Künftig wird es sehr stark auch in Richtung großer Anlagen auf Unternehmensdächern gehen.“
Photovoltaik auf Industriedächer
„Wir haben dieses Jahr enorm viele Betriebe mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet“, sagt Markus Wieder von der CCE. Mit der größten Aufdachanlage Österreichs beim Aluminiumhersteller AMAG hat die CCE 2021 das enorme Flächenpotential zur Produktion von umweltfreundlicher und günstiger Energie auf Industriedächern eindrucksvoll aufgezeigt (Details zum Projekt siehe unten im „Anlagensteckbrief gewerbliche PV-Anlage CCE Group“).
„Wir unterstützen das Ziel Österreichs, bis 2030 CO2-neutral zu werden, indem wir mithilfe innovativer Geschäftsmodelle grünen Strom auf den Dächern unserer Kunden erzeugen.“
Robert Bogner, Geschäftsführer CCE Österreich
Batterie-Speicher übernehmen Schlüsselrolle
„Vor allem durch die bevorstehende Umstellung der Netz-Tarifstruktur, weg von Arbeitskosten hin zu Leistungskosten, werden Stromspeicher zur Abfederung der Leistungsspitzen einen zusätzlichen Vorteil erhalten. Auch die aktuell äußerst hohen Strompreise verdeutlichen die Vorteile des Stromspeichers“, sagt Immitzer. Zudem spielen Speicher in einer zunehmend volatilen Stromerzeugung eine wichtige Rolle bei der Netzstabilität und der Versorgungssicherheit. Wind- und Sonnenenergie unterliegen tageszeit- und witterungsbedingten Schwankungen. Batteriespeicher können in Zeiten einer hohen Erzeugung Energie aufnehmen und sie dann nach Bedarf wieder abgeben. Und sichern auch bei einem Ausfall des öffentlichen Stromnetzes die Stromversorgung. Ein solches Projekt hat Energie Wagner im Oktober 2021 in Buchberg in der Steiermark realisiert (Details zum Projekt siehe unten „Anlagensteckbrief PV- und Speicher-Kraftwerk Buchberg“). In Norddeutschland zeigt das Batteriespeicher-Projekt der Bordesholmer Versorgungsbetriebe, wie das bereits heute in der Praxis funktioniert.
Inselstrom für nachhaltigen Tourismus in netzfernen Regionen
In den bergigen Regionen sind Wander- und Schutzhütten oder Freizeiteinrichtungen nicht überall an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Eine nachhaltige Variante zur reinen Dieselversorgung sind Inselsysteme. Mit einem solchen 50 kWp großen Inselsystem versorgt Familie Pretterhofer ihren Waldpark Hochreiter mit nachhaltigem Solarstrom (Details zur Anlage unter „Anlagensteckbrief Inselsystem Waldpark Hochreiter“). Inselsysteme haben einen integrierten Batteriespeicher und kommen ohne eine Verbindung zum öffentlichen Stromnetz aus. Denn hier bilden die Insel- oder Batterie-Wechselrichter Sunny Island das Stromnetz, das sogenannte Inselnetz. Das integrierte Batterie-Management stimmt dabei Stromerzeugung und -bedarf so aufeinander ab, dass immer ausreichend Energie zur Verfügung steht. Die kommt dann entweder direkt aus den PV-Modulen oder als zwischengespeicherte Solarenergie aus der Batterie. Der Diesel-Generator muss dann ganz im Sinne eines nachhaltigen Tourismus nur noch im Notfall anspringen. Die Größe von Inselnetzen reicht von wenigen Kilowatt bis hin zum Kraftwerk im Megawattbereich.
Fachkräfte dringend gesucht
Um all diese Anlagen auszulegen, zu installieren, in Betrieb zu nehmen und zu warten, braucht es natürlich nun dringend gut ausgebildete Fachkräfte. So hat die Johannes Kepler Universität in Linz berechnet, dass bis zum Jahr 2030 bis zu 60.000 Arbeitsplätze im Bereich der Photovoltaik entstehen werden. Dafür müssen jetzt die entsprechenden Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten geschaffen werden. So bietet das EAG vielen Menschen eine Chance, die Energiewende aktiv mitzugestalten. Als Betreiber, Installateur, Projektierer oder Ausbilder. Österreich bietet nicht zuletzt aufgrund seiner besonderen topographischen Lage besonders vielseitige Möglichkeiten für PV-Projekte – ob netzgekoppelte Anlage oder als Inselsystem fernab des öffentlichen Stromnetzes.
„Der Fantasie sind fast keine Grenzen gesetzt“
Interview mit Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaic Austria, über die Ausbauziele des EAG, Chancen für innovative Anlagenkonzepte und Lösungen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Das Ausbauziel des EAG für den Bereich Photovoltaik ist ehrgeizig. Wo sollen jährlich 1 GW PV-Leistung installiert werden?
Vera Immitzer: In Österreich schaffen wir unter den aktuellen Bedingungen etwa die Hälfte des erforderlichen PV-Zubaus auf Dächern zu installieren, nämlich rund 5 Gigawatt. Für die andere Hälfte müssen wir in Alternativen denken. Welche Flächen können noch zur Sonnenstromproduktion genutzt werden? Der Fantasie sind hier mittlerweile fast keine Grenzen gesetzt. Auch das Erneuerbaren Ausbau Gesetz hat den Bedarf an zusätzlichen Flächen erkannt. Es erkennt und entsprechend nicht nur auch größere PV-Anlagen wieder als förderwürdig an und sieht einen für besonders innovative Anlagen vor, da diese Anlagen meist kostenintensiver sind. Erste Projekte zum Thema Agri-PV werden bereits in Pöchlarn und in Wien konzipiert.
Klimaneutralität bis 2030 bedeutet auch einen großen Bedarf an Fachkräften. Gibt es diesbezüglich schon Initiativen? Wenn ja, wie sehen diese aus?
Ja, wir haben einen massiven Fachkräftebedarf. Die Johannes Kepler Universität in Linz hat berechnet, dass wir bis zum Jahr 2030 bis zu 60.000 Arbeitsplätze rund um die Photovoltaik schaffen werden. Aktuell haben wir etwa 3.000 Spezialisten. Sowohl wir als PV-Verband als auch die klassischen Bildungseinrichtungen haben ihre Weiterbildungsangebote ausgebaut und bieten zusätzliche Kurse an. Auch der Bundesregierung ist der hohe Fachkräftebedarf bewusst. Sie erarbeitet gemeinsam mit den betroffenen Branchen zusätzliche Aus- und Weiterbildungskonzepte.
PV-Anlagen sollen auch in Energiegemeinschaften zum Einsatz kommen. Sie sollen einfach gegründet und betrieben werden. Wie sieht das aus?
Die Gründung von Energiegemeinschaften ist ein gänzlich neues Thema. Darin können sich mehrere Stromerzeuger und Stromnutzer zusammenschließen, um gemeinsam und füreinander den Strom zu erzeugen. Dafür wurde eine Beratungsstelle geschaffen, die bei der Umsetzung von Energie-Gemeinschaften unterstützt und Musterverträge zur Verfügung stellt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Anlagensteckbrief Inselsystem Waldpark Hochreiter
Im Naturpark Almenland in der Steiermark betreiben Angelika und Erhard Pretterhofer den Waldpark Hochreiter. Spaziergänger und Familien finden hier Spielmöglichkeiten, Tiergehege, ein Restaurant und natürlich ganz viel Wald. Seit 2020 ist der Freizeitpark um eine Attraktion reicher: Ein Inselsystem mit einer Leistung von 50 Kilowatt Peak versorgt die Gebäude mit Solarstrom. „Der Netzbetreiber wollte hier zunächst eine Stromleitung durch den Wald legen, um uns an das öffentliche Stromnetz anzuschließen. Wir haben uns dann aber für die nachhaltige Stromerzeugung direkt hier vor Ort entschieden. Das passt besser zu unserem Konzept der Naherholung im Einklang mit der Natur. Jetzt produzieren wir unseren eigenen Strom“, sagt Erhard Pretterhofer stolz. Die Familie legt viel Wert auf Aufklärung über den Naherholungsraum. Auf einer Infotafel klärt sie nun die kleinen und großen Gäste auch über die Stromgewinnung aus Sonne auf. Hier erklärt eine schlaue Ziege ihrer Freundin wie eine Photovoltaik-Inselanlage funktioniert.
Installiert hat das Inselsystem SMA Fachpartner Heimo Modre. Mit seiner Firma Solare Energie GmbH hat er bereits viele Inselsysteme in den Alpen aufgebaut und kennt sich entsprechend gut aus: „Besonders beeindruckt hat mich hier die ökologische Einstellung der Familie Pretterhofer. Indem sie auf das Verlegen eines Stromkabels durch den Wald verzichten, setzen die Pretterhofers ein klares Zeichen für den Tourismus im Einklang mit der Natur.“ Das Inselsystem Waldpark Hochreiter ist die größte Inselanlage in der Steiermark.
Anlagensteckbrief Waldpark Hochreiter
Leistung: 50 Kilowatt Peak
Batterie: Lithium-Eisen-Phosphat
Batterie-Wechselrichter: 12 Sunny Island 8.0 mit MulticlusterBox
Backup: Diesel-Generator
Anlagensteckbrief gewerbliche PV-Anlage CCE Group
Anlagensteckbrief PV- und Speicher-Kraftwerk Buchberg
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Euer Ansprechpartner ist Manuel März.
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Das SMA Vertriebsteam freut sich auf eure Nachricht.
Hört sich alles perfekt an, nur muss man wissen, dass man aktuell z.B. den SMA Sunny Tripower Hybridwechselrichter (so wie einige andere Produkte auch) in Österreich gar nicht ans Netz anschließen darf. Ist seit Monaten bei der zuständigen Behörde in Bearbeitung – aber keine Freigabe in Sicht?!
Hallo Herr Ritt,
aktuell befinden sich SMA und das externe Prüfinstitut in direkter Abstimmung mit der zuständigen Behörde, um schnellstmöglich die Genehmigung für den Netzbetrieb zu erlangen.
Wir hoffen auf eine zeitnahe Klärung und werden umgehend informieren, sobald die Aufnahme in die Freigabeliste vorliegt.
Beste Grüße
C. Keim