SMA forscht: Intelligentes Stromnetz für mehr PV-Einspeisung

Ortsnetzstation Borgwiese, Quelle: E.ON Mitte

Spannungshaltung im Niederspannungsnetz – wenn es um die Einspeisung dezentral erzeugten Stroms geht, steht immer wieder die Frage im Raum, ob die Stabilität des Stromnetzes nach wie vor gewährleistet ist. Grundsätzlich ist der weitere Ausbau der Photovoltaik für das öffentliche Stromnetz unkritisch – vor allem in Städten und dicht besiedelten Gebieten. In ländlichen Regionen mit einem hohen Anteil dezentral erzeugter Energie, langen Netzausläufern und wenigen elektrischen Verbrauchern kann es jedoch gelegentlich zu lokalen Spannungsüberhöhungen kommen. Ein Grund mehr, neue Technologien zu erforschen, die die Aufnahmefähigkeit von Erneuerbaren Energien in die Niederspannungsnetze steigern können.

 

Warum eine regelbare Ortsnetzstation?

Um die Aufnahmekapazität des Niederspannungsnetzes zu erhöhen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine davon ist es, die Blindleistungsfähigkeit von PV-Wechselrichtern zu nutzen, wie es seit einiger Zeit vorgeschrieben ist: Wechselrichter stellen Blindleistung zur Verfügung und wirken so Spannungsanhebungen im Stromnetz entgegen.

Eine andere Möglichkeit ist der Einsatz einer regelbaren Ortsnetzstation. Grundsätzlich verbindet ein Ortsnetztransformator das Niederspannungsnetz – in das vor allem die kleinen PV-Anlagen einspeisen – mit dem Mittelspannungsnetz. Durch das Verbrauchen oder Einspeisen von Strom verändert sich die Spannung im Niederspannungsnetz, was innerhalb gewisser Grenzen zulässig ist und auch kein Problem darstellt. Wird durch viel dezentrale Einspeisung in schwachen Netzen diese Grenze jedoch überschritten, muss unter Umständen stärker gegengesteuert werden.

Mit Hilfe einer regelbaren Ortsnetzstation kann die Spannung im Niederspannungsnetz auf einfache und kostengünstige Weise in den vorgegebenen Grenzen gehalten werden. Durch diese Variabilität kann bis zu dreimal mehr Photovoltaik in Niederspannungsnetzen installiert werden, als bei Verwendung von herkömmlichen Ortsnetzstationen. Sie ermöglicht also einen aktiven und intelligenten Betrieb des Niederspannungsnetzes.

 Niederspannungsnetz mit regelbarer Ortsnetzstation

 

Neue Möglichkeiten der Kommunikation

Die Entwicklung einer regelbaren Ortsnetzstation sowie geeigneter Kommunikationstechnik für das Gesamtsystem steht im Zentrum des Forschungsprojekts „Aktives, intelligentes Niederspannungsnetz“, das vom Bundesumweltministerium gefördert wurde. Neben SMA und dem Transformatorhersteller J. Schneider beteiligten sich auch das Fraunhofer IWES, der Netzbetreiber E.ON Mitte und die Universität Kassel an dem Projekt.

„Für uns war es natürlich wichtig herauszufinden: Wie können wir unsere Wechselrichter weiterentwickeln, um noch mehr für die Integration der PV zu tun? Wie viel muss der Wechselrichter mit der regelbaren Ortsnetzstation kommunizieren? Und vor allem: wie arbeitet er am besten mit ihr zusammen?“, erklärt Thorsten Bülo, der Projektleiter bei SMA.

Um dies herauszufinden stattete SMA für den Feldtest im nordhessischen Felsberg unter anderem strategisch ausgewählte PV-Anlagen mit modernen kommunikations- und blindleistungsfähigen Wechselrichtern aus und testete verschiedene Kommunikationswege zwischen den PV-Anlagen und anderen Komponenten des Ortsnetzes.

„Im Praxiseinsatz haben wir wertvolle Erfahrungen gesammelt und ein größeres Systemverständnis erlangt“, so Thorsten Bülo. „Außerdem konnten wir eine neue Kommunikationsschnittstelle entwickeln, die erstmals eine kostengünstige, direkte und auf internationalen Standards basierende Kommunikation mit den Wechselrichtern erlaubt.“

 

Aufnahmekapazität lässt sich steigern – auch ohne teuren Netzausbau

Sowohl die regelbare Ortsnetzstation als auch die in Wirk- und Blindleistung regelbaren Wechselrichter zeigen sich geeignet, die Aufnahmekapazität der Netze für mehr Strom aus Erneuerbaren Energien zu steigern – auch ohne neue, stärkere Leitungen und damit zu deutlich geringeren Kosten.

Aufnahmefaehigkeit Ortsnetze
Die dena hat das Kostensenkungspotential solcher intelligenten Maßnahmen in ihrer Verteilnetzstudie übrigens auf fast 50 Prozent gegenüber einem konventionellen Netzausbau geschätzt. Die Photovoltaik leistet hier einen wichtigen Beitrag: Da sie direkt in Verteilnetze integriert wird, ist sie kaum auf einen Ausbau der Transportnetze angewiesen und senkt so die Kosten im gesamten Stromnetz.

 

Und die Feldtest-Gemeinde Felsberg?

Hier hat der Umgang mit Erneuerbaren Energien bereits seit Jahren Tradition: So werden beispielsweise das Rathaus und weitere öffentliche Einrichtungen seit den 80ern mit Grundwasserwärmepumpen beheizt. Die PV-Anlagen und andere Erneuerbare Energien decken mehr als die Hälfte des Felsberger Stromverbrauchs. Und seitdem die Gemeinde 2009 in einem Modellvorhaben des regionalen Versorgers E.ON Mitte als „Modellkommune für Regionale Energieversorgung 2020“ ausgewählt und ein von E.ON Mitte unterstütztes umfassendes neues Energiekonzept erarbeitet wurde, verfolgt die Stadt ein klares Ziel: Eine Energieversorgung zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien.

 

Bild oben: Ortsnetzstation Borgwiese in Felsberg, Rechte: E.ON Mitte

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