Die Energiewende in Bürgerhand: Der Solarpark Bundorf
Mitten in Deutschland steht jetzt ein Leuchtturm. Es ist ein PV-Park, der zeigt, wie sich Städte und Gemeinden zu einer erneuerbaren Energieversorgung weiterentwickeln können. Was das Projekt in Bundorf so einzigartig macht? Der PV-Park ist einer der größten Solarparks mit Bürgerbeteiligung in Deutschland. Bürger*innen können sich über eine Energiegenossenschaft am Projekt beteiligen und so die kommunale Energiewende gemeinsam vorantreiben. Hier wird nicht nur Solarstrom zur Eigenversorgung gewonnen, auch die Wärmeversorgung für Haushalte und Unternehmen der Region sowie Lademöglichkeiten für Elektroautos sind mitgedacht. Viele gute Gründe für eine regionale Energiewende.
Wenig Niederschlag, lange Trockenzeiten – Bundorf im bayerischen Unterfranken im Landkreis Haßberge ist bereits direkt vom Klimawandel betroffen und zählt zu einer der niederschlagärmsten Regionen in Bayern. Das erschwert die landwirtschaftliche Nutzung der Ackerflächen hier zunehmend.
Die Gemeinde hat deshalb umgedacht und innerhalb kürzester Zeit ein Energiewende-Projekt mit Vorzeige-Charakter geschaffen. So entstand 2020 die Idee zum bislang größten Freiflächenpark in Bürgerhand. Im Oktober 2022 fiel der Startschuss für den Bau in zwei Abschnitten samt Umspannwerk auf insgesamt 125 Hektar Fläche. Die Inbetriebnahme fand am 28. September 2023 statt.
Mit einer PV-Leistung von insgesamt 125 Megawatt Peak bietet der PV-Park aber weit mehr als eine reine Solarstromerzeugung – er ist ein Leuchtturm in Sachen ganzheitliche Energiewende:
Errichtet wurde der PV-Park von den Projektpartnern MaxSolar und der Genossenschaft EGIS eG. Projektentwickler MaxSolar betreibt mit einer Beteiligung von 70 Prozent etwa zwei Drittel des PV-Parks. Rund ein Drittel der Anlage befindet sich in Genossenschaftshand und wurde als Bürgersolarpark realisiert.
Dabei zogen von Anfang an alle an einem Strang – der Bürgermeister, die Gemeindevertreter*innen, Projektierer und Betreiber, Pächter und die Einwohner*innen Bundorfs: Die Flächen stellten verschiedene Pächter bereit. Nicht einmal zwei Jahre vergingen von der ersten Projektskizze bis zur Realisierung. Alle Genehmigungen wurden im Verlauf eines Jahres erteilt und 81 Millionen Euro investiert. Rund 33 Millionen Euro trägt die Energiegenossenschaft Inn-Salzach, kurz EGIS eG, für die 38 Hektar große Bürgersolaranlage inklusive des entstehenden Wärmenetzes.
“Ein Glücksfall für Bundorf.”
Bürgermeister Hubert Endres
1. Ganzheitlicher Ansatz verbindet Strom, Wärme und Mobilität
Rund 131 Millionen Kilowattstunden Strom jährlich erzeugt der Solarpark. Rein rechnerisch könnten 37.500 Haushalte mit dem Strom des 125 MW-Projekts versorgt werden. Doch über so viele Haushalte verfügt das 884 Einwohner*innen zählende Bundorf nicht. So profitieren durch die Netzeinspeisung auch die in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Städte Bad Königshofen, Haßfurt und Schweinfurt vom Sonnenstrom.
Die Netzeinspeisung erfolgt in das Netz des Bayernwerk. Der Netzbetreiber verlegt auch die AC-Kabel und ist für die Errichtung mehrerer Mittelspannungs-Trafostationen in den Baufeldern zuständig. Diese werden in einer zentralen Übergabestation auf dem PV-Feld zusammengeführt. Zudem wurde ein Einspeise-Umspannwerk am Einspeisepunkt errichtet sowie ein Zählkonzept für die separate Zählung am Umspannwerk über Schaltfelder eingesetzt. Die Einspeisung erfolgt auf einer 110 kV-Ebene.
1.1 Mit PV-Strom heizen und Auto fahren
Neben dem Solarpark wird ein emmissionsfreies Fernwärmenetz zur Versorgung der kommunalen Liegenschaften und der Bürgerinnen und Bürger bis Ende des Jahres errichtet. Über eine Fernwärmestation (150 kW) im Haushalt wird die Wärme vom Wasserkreislauf des Rohrnetzes bedarfsgerecht in die Gebäude geliefert.
Ein großer Warmwasserspeicher (Pufferspeicher) sorgt dafür, dass auch im Winter oder in einstrahlungsarmen Zeiten genügend Wärme zur Verfügung steht. Als Redundanz dient im Winter ein Holzhackschnitzelkessel mit 200 Kilowatt, der für maximal 1.600 Stunden die Spitzenlast und sonnenarme Winterzeiten abdeckt. Auch kommunale Liegenschaften wie das Gemeindezentrum und der Kindergarten in Bundorf sollen mit der grünen Fernwärme versorgt werden können.
Als Generalunternehmer übernimmt MaxSolar die Planung, Umsetzung sowie Wartung und Service. Betreiber des Fernwärmenetzes ist die EGIS eG.
Auch die Mobilitätswende ist in Bundorf mitgedacht. In und um Bundorf wird zeitgleich die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität ausgebaut. Zwölf Ladesäulen stellen Elektrofahrzeugen dann den grünen Strom des PV-Parks bereit.
2. Eingrünungskonzept contra Flächenversiegelung
PV-Freiflächenparks werden oft dafür kritisiert, zur Versiegelung von Flächen beizutragen. Dabei ist häufig das Gegenteil der Fall. In Bundorf werden PV-Freiflächen als Ausgleichsflächen genutzt, die ertragsarme Böden aufwerten: Die PV-Module spenden Pflanzen und Tieren Schatten und schützen den Boden bei anhaltender Niederschlagsarmut vor dem Austrocknen. Eine natürliche Beweidung, zum Beispiel durch Schafe, hilft den Böden sich von einer übermäßigen landwirtschaftlichen Nutzung zu erholen. Ein Teil der Fläche dient dem Naturschutz und dem Erhalt der Biodiversität in Form von Magerwiesen, auch Trockenwiesen genannt. Hier entsteht aus regionalem Saatgut wertvoller Lebensraum für heimische Pflanzen und viele Tierarten. Damit kleine Wildtieren den PV-Park passieren können, hat der Zaun einen Mindestabstand zum Boden. Größere Wildtiere gelangen über einen Wildtierkorridor in angrenzende Wälder.
Damit leistet der PV-Park einen Beitrag zum Erhalt natürlicher Lebensräume und stärkt die Biodiversität in der Region. Erste Erfolge: Im PV-Park ist der Bestand der in Deutschland besonders geschützte Feldlerche zuletzt stark gestiegen. Der kleine Singvogel und Bodenbrüter bevorzugt offene Landschaften als Lebensraum. In Bundorf fühlt er sich hörbar wohl – von Januar bis Ende Juli zwitschert und trällert es bis zum Abend zwischen den PV-Modulen.
Tipp: Bei der optimalen Eingliederung von PV-Freiflächenanlagen ins Landschaftsbild hilft auch die Checkliste „Gute Planung“ vom Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne). Damit unterstützt der Verband den positiven Beitrag von PV-Freiflächenanlagen zu Klima-, Arten-, und Naturschutz sowie ländlicher Entwicklung. MaxSolar hat diese Selbstversicherung als eines der ersten Unternehmen unterzeichnet.
3. Freie Vermarktung des Stroms und Bürgerbeteiligung
Einen Teil der PV-Freiflächenanlage betreibt MaxSolar als unabhängiger Stromerzeuger, auch Independent Power Producer (IPP), und vermarktet den Strom über ein sogenanntes Power Purchase Agreement (PPA). Diese Vermarktungsform von erneuerbarer Energie findet in Deutschland zunehmend Verbreitung. Hierbei werden Stromlieferverträge über einen festgesetzten Zeitraum direkt mit dem Stromabnehmer vereinbart.
3.1 Bürgerbeteiligung
Den Bürgersolarpark sowie das Fernwärmenetz betreibt die EGIS eG und will den Bürger*innen in Bundorf einen eigenen Strom- und Ladetarif anbieten. Zusätzlich können Bürger*innen, Kommunen, Vereine, Stiftungen und Unternehmen Genossenschaftsanteile erwerben. Ein Genossenschaftsanteil ist mit 150,- Euro dotiert plus 5,- Euro Aufschlag. Der Erwerb von Genossenschaftsanteilen ist derzeit auf 4.300 Anteile je Mitglied begrenzt. Das entspricht einer Summe von 645.000 Euro.
Die Beteiligung an der Energiegenossenschaft ist jedoch nicht an das PV-Projekt in Bundorf gebunden, sondern gilt für Energiewende-Projekte in ganz Deutschland. Mitglieder erhalten eine jährliche Dividende.
4. Vorbildcharakter und Mehrwert für Gemeinden
Der PV-Park Bundorf ist ein positives Beispiel für eine bürgernahe Energiewende im Einklang mit den Belangen des Naturschutzes. Er zeigt den Mehrwert von Energiewende-Projekten für strukturschwache Regionen, die hier durch regionale Wertschöpfung profitieren und so an Attraktivität gewinnen können. Von solchen Projekten brauchen wir dringend mehr für Klimaschutz, Biodiversität, Umwelt- und Naturschutz sowie ländliche Entwicklung.
Ihr wollt mehr über das Projekt in Bundorf erfahren?
Interview mit Pascal Lang, Vorstandsvorsitzender EGIS eG
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